Bei der Beschäftigung mit Themen rund um die Bereiche Führung und Entscheidung ist es unvermeidlich mit den Begriffen Manager und Leader in Kontakt zu kommen. Diese möchten wir, wie John P. Kotter, klar voneinander trennen. Manager sind demnach eher Verwalter, die Handlungen diktieren und kontrollieren. Im Vergleich dazu stellen Leader ‚Visionäre’ dar, die inspirieren und motivieren (Hegele-Raih, 2004). Gutes Leadership (deutsch: ‚Führung’) hat demnach die Aufgabe Kreativität, Innovativität, Sinnerfüllung und Wandel anzuregen und durch entsprechende Handlungen zu begünstigen (ebd.).
Diese Unterscheidung sowie die, durch Entwicklungen in Gesellschaft und Arbeitswelt, notwendig werdende Veränderung des Führungsverhaltens fördern die Entwicklung eines neuen Führungsdenkens. Der Kern dieses neuen Führungsdenkens fokussiert dabei vor allem auf unternehmerisch denkende Mitarbeitende sowie den Mut von Führungskräften flexibles und modernes Arbeiten zu ermöglichen (Wiemann et al., 2018: S. 171). Es geht darum die Potenziale der Mitarbeitenden vermehrt zu nutzen, die verborgen bleiben wenn nur nach dem Diktat des ‚Managers’ gehandelt wird. Dabei sollen die derzeitigen Strukturen, in denen zu viel von wenigen und zu wenig von vielen verlangt wird (Laloux 2015: S. 76), verändert werden. Mit Blick auf die zunehmend flexibilisierte Arbeitswelt, die sich durch überlagernde, voneinander abhängige Funktionen, Eigendynamiken von Prozessen und nicht antizipierbare Nebenwirkungen kennzeichnet, zeigt sich die Notwendigkeit von Veränderungen in den Rollenverständnissen und Aufgaben der Führungskräfte und Mitarbeitenden. Aspekte wie Vertrauen, Unterstützung und Selbstverantwortung nehmen hierbei eine wichtige Rolle ein.
Die derzeitigen Veränderungen von Gesellschaft und Arbeitswelt, wie die Notwendigkeit von mehr Flexibilität, die Suche nach Sinn in einer Tätigkeit, oder die Nutzbarmachung von sozialen Potenzialen, machen es notwendig, das Führungsverhalten an die neuen Gegebenheiten anzupassen.
Die Mitarbeitenden sollen, sofern sie es denn wollen, selbstständiger und selbstbestimmter Arbeiten. Sie werden zum Mitdenken sowie Mitgestalten befähigt und erhalten Befugnisse, um Entscheidungen eigenverantwortlich treffen zu können. Die veränderten Rollenverständnisse und Aufgaben gehen deshalb mit Veränderungen der Entscheidungsfindung einher, welche sich näher an den eigentlichen Ort der Arbeit verlagert; Also dorthin, wo die Betroffenen agieren und deren Auswirkungen spüren. Daraus folgen Vorteile für das gesamte Unternehmen, wie eine gesteigerte Reaktionsschnelligkeit, eine Erhöhung der Anwendbarkeit von Maßnahmen und die Erfüllung des Wunsches nach Mitbestimmung durch die Beschäftigten (Neufeind, 2018: S. 237). All dies führt unter anderem zu einer Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität (Hackl et al., 2017: S. 83) sowie qualitativ hochwertigeren Entscheidungen und spart dem Unternehmen darüber hinaus Zeit und Geld.
Die potenziellen Gefahren einer solchen Entwicklung dürfen trotz vieler Vorteile nicht unberücksichtigt bleiben. So ist die Abgabe von Verantwortung an Mitarbeitende ein Prozess, bei dem diese nicht überfordert werden dürfen. Eine solche Überforderung, die beispielsweise aus zusätzlichem Druck durch mehr Verantwortung resultiert, kann psychische Belastungen nach sich ziehen. Diese Belastungen können sich wiederum negativ auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens auswirken, was sich beispielsweise in Form von einer gesteigerten Anzahl von Krankheitstagen niederschlägt (Dewe/Cooper, 2017: S. 1f).
„Nur das gesamte Unternehmen durchdringende Transformationen können kritischen Situationen standhalten."
Die Entwicklungen in Richtung einer zunehmenden Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung der Mitarbeitenden wirken sich weiterhin auch auf die Rollenverständnisse und Aufgaben von Führungskräften aus. Zu allererst müssen die Führungskräfte, genauso wie die Mitarbeitenden, diese Veränderungen unterstützen. Nur Transformationen, die das gesamte Unternehmen durchdringen und von allen Beteiligten mitgetragen werden, können kritischen Situationen (wie Konflikten) standhalten, da ansonsten die Logik des ‚Altsystems‘ wieder zum Tragen kommen kann (Brühl, 2018: S. 150). Sowohl für Führungskräfte als auch für Mitarbeitende besteht die Problematik dabei vor allem in der Loslösung von Gewohntem und bestimmten Aufgaben. Im Fall der Führungskräfte liegt eine weitere Herausforderungen in der Abgabe von Verantwortung, Kontrolle und Macht, durch die sich ihre Position bislang von anderen unterschieden hat.
Wenn dies jedoch gelingt, agieren Führungskräfte noch stärker auf koordinativer Ebene, werden zu Leadern statt Managern, und dienen in Zeiten des Umbruchs als Quelle von Sicherheit, Orientierung und Stabilität (Sukowski, 2017: S. 17; 26). Sie rutschen zunehmend in die Rolle des Unterstützers, der zur Befähigung der Mitarbeitenden beiträgt. Dazu schaffen Führungskräfte die hierzu notwendigen Rahmenbedingungen und unterstützen durch entsprechende Maßnahmen wie zum Beispiel Fortbildungen und Beratungen (Laloux, 2015: S. 66). Führungskräfte müssen sich mit dem Menschen auseinandersetzen und ihm in seiner Entwicklung beistehen, „erst dann wird Führung von Geführten als Mehrwert gesehen und respektiert.“ (Wiemann et al., 2018: S. 171).
Führung ist in erster Linie ein zwischenmenschlicher Prozess, der wie viele andere Aspekte der Arbeitswelt gerade im Wandel begriffen ist. Der Übergang hin zu einer auf Vertrauen und sozialen Innovationen basierenden Führungskultur ist für alle Beteiligten schwer. Wir unterstützen Sie daher gerne bei der Einführung von auf Ihr Unternehmen zugeschnittenen Führungspraktiken. Rufen Sie uns hierzu einfach an: 02722 9779 140 oder schreiben Sie uns eine E-Mail: kontakt@vierma.de
Brühl, K. (2018): Organisationen der Zukunft: Warum wir mehr Wir-Kultur brauchen, in: Geramanis, O./Hutmacher, S. (Hrsg.): Identität in der Arbeitswelt: Neue Konzepte für Zugehörigkeit, Zusammenarbeit und Führung, Springer Gabler, Wiesbaden, S. 147-158.
Dewe, P. J./Cooper, C. L. (2017): Work Stress and Coping: Forces of Change and Challenges, SAGE Publications Ltd, Thousand Oaks.
Hackl, B./Wagner, M./Attmer, L./Baumann, D. (2017): New Work: Auf dem Weg zur neuen Arbeitswelt: Management-Impulse, Praxisbeispiele, Studien, Springer Gabler, Wiesbaden.
Hegele-Raih, C. (2004): Leadership?: Was ist ...: Wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass heute alles von Leadership spricht? Schließlich bedeutet Leadership übersetzt einfach Führung, https://www.harvardbusinessmanager.de/heft/artikel/a-620896.html, (Zugriff am 29.07.2019).
Laloux, F. (2015): Reinventing Organizations: Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit, Vahlen, München.
Neufeind, M. (2018): Wertewelten Arbeiten 4.0, in: Fortmann, H. R./Kolocek, B. (Hrsg.): Arbeitswelt der Zukunft: Trends - Arbeitsraum - Menschen - Kompetenzen, Springer Gabler, Wiesbaden, S. 235-242.
Sukowski, N. (2017): Authentizität im Führungshandeln: Vom Mythos zum Werkzeug: Authentisches Führungshandeln ist trainierbar, in: Hollmann, J./Daniels, K. (Hrsg.): Anders wirtschaften: Integrale Impulse für eine plurale Ökonomie, 2. Aufl., Springer Gabler, Wiesbaden, S. 15-34.
Wiemann, M./Weibel, A./Zolliker, L. (2018): Zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Topmanager im Spannungsfeld organisationalen Wandels, in: Geramanis, O./Hutmacher, S. (Hrsg.): Identität in der modernen Arbeitswelt: Neue Konzepte für Zugehörigkeit, Zusammenarbeit und Führung, Springer Gabler, Wiesbaden, S. 161-176.